15.Dezember 2018

Mein Weihnachten 1957
aus meinen Erinnerungen

Ich war gerade 5 Jahre alt und kann mich zwar noch ein bißchen dran erinnern, aber ich kann es nur so genau aufschreiben, weil meine Mutter immer wieder davon erzählt hat, weil es ein ganz besonderes Weihnachten war. Es war für uns der kleine Aufschwung. Von Armut in ein klein wenig besseres Leben. Wir waren arm und ich war ein sehr bescheidenes Kind. Meine Mutter duldete absolut kein "Ich will haben" oder auch ein "bitte" wurde ignoriert.

Aber diesmal sollte ich überrascht werden.

Es war der 4. Advent vorbei und ich freute mich schon auf den Heiligen Abend. Es war damals ein ganz anderes Weihnachten als heute. Im Gegensatz zu den hohen Ansprüchen der heutigen Kinder war unser Weihnachten viel bescheidener, ohne Anspruch auf Irgendwas. Was ich noch nicht wußte, diesmal sollte es für mich ein besonderes Weihnachten sein mit vielen Geschenken. Mein Vater hatte damals gerade Arbeit bekommen bei der Bundesbahn mit einem guten Verdienst. Und meine Zweitoma kam aus Hannover über Weihnachten zu uns.

Die Geschäfte waren zu meiner Kindheit auch schön dekoriert mit Strohsternen, Engelchen, bunten Kugeln. Sie hatten mehr Zauber als die heutige große Überflutung, die den wahren Sinn des Festes oft vergessen macht. Auch damals lockten die Geschäfte mit Auslagen, das Angebot aber war wesentlich bescheidener. Ich drückte mir oft an den Spielwarenschaufenstern die kleine Nase platt. Alles war so unerreichbar.

Aber dieses Jahr, meinte meine Mutter, sie hätte so im Gefühl das das Christkind wohl recht großzügig sein würde.

"So", sagte meine Mama, "meinst du denn der Weihnachtsmann wird dir deine Wünsche erfüllen die wir auf deinen Wunschzettel geschrieben haben? Zeitig genug haben wir ihn ja abgeschickt."
Es standen drauf: Ein Teddybär, ein Puppenwagen. Ein ganz großer Wunsch war ein Puppen-Doktorkoffer und natürlich viel Schokolade.
Es würden auch wieder Geschenke dabei sein, eben was man so benötigte wie neue Handschuhe, ein neuer Pullover usw.

Die Spannung und die Vorfreude waren allgegenwärtig und die Geduld die ich haben mußte war schwer zu ertragen. In meiner Vorstellung sah ich schon einen schön geschmückten Weihnachtsbaum in der Ecke stehen mit sprühenden Wunderkerzen

Dann war er da, der Heilige Abend. Eine unruhige Nacht mit vielen wunderschönen Vorstellungen und phantastischen Gedanken, erfüllt von großer Freude ging endlich vorüber. Den ganzen Vormittag waren die Erwachsenen ein bißchen nervös und ich mußte mit Oma am Nachmittag in der Küche bleiben, die noch die letzten Vorbereitungen für das Essen am Abend traf. Die Türe blieb zu, bis das Christkind dagewesen war.

Daaa, was war das? Ich hörte endlich wie die Glöckchen im Nebenzimmer geklingelt hatten. Ich lauschte ganz still und andächtig, um ja sicher zu gehen dass ich mich nicht verhört hatte. Dann aber hörte ich die Mutti schon rufen: " Kaaarin komm schnell, das Christkind war da!"

Ich stürmte zur Tür und blieb andächtig an der Tür stehen. Warmer Lichtschein strahlte mir entgegen. Ein Weihnachtsbaum im schönsten Kleid. Sprachlos vor Staunen und Freude verharrte ich auf der Schwelle, ehe mich Mutti langsam ins Zimmer schob, direkt zu dem wunderbar warm schimmernden Baum.



Alle wünschten sich frohe Weihnachten es wurden Weihnachtslieder angestimmt und ich sagte zaghaft mein gelerntes Gedicht auf. Dann wurden die Geschenke verteilt und ausgepackt. Meine Mutter zog mich in eine Ecke des Zimmers, wo ein funkelnagelneuer Korbpuppenwagen stand mit einem großen Teddybären darin, wie ich ihn immer schon hatte haben wollen und den ich im großen Kaufhaus gesehen hatte und Mutti sagte..."mal sehen ob das Christkind dir deinen Wunsch erfüllt?". Von Oma bekam ich ein Puppenhaus und von meiner Zweitoma meinen so gewünschten Doktorkoffer und noch einen Teddybären.
Und auf meinem bunten Teller gab es Äpfel, Apfelsinen, Nüsse und Schokolade, die ich natürlich sofort probieren mußte.





Auch ich hatte im Kindergarten für jeden mit viel Eifer und Freude eine Kleinigkeit gebastelt, liebevoll verpackt und ich freute mich über die Freude der Erwachsenen. Sie lobten meine Basteleien sehr.

Nachdem sich die erste Aufregung gelegt hatte, gingen wir zu Tisch . Es gab Kartoffelsalat mit Würstchen und zum Nachtisch Vanillepudding.

Dann wurde es auch schon bald Zeit sich auf den Weg zur Kirche zu machen, was ich ganz besonders liebte. Aber es fiel mir sehr schwer mich auch nur eine Stunde von meinen Geschenken zu trennen, so gab es auch ein paar Tränen. Gemeinsam stapften wir durch den weichen Schnee, den warmen Schal um den Hals geschlungen und dem einladenden feierlichen Ton der Glocke folgend. Eine wunderbare Atmosphäre war das immer für mich, auch die festlich geschmückte Kirche schien anders als sonst, mit all den warm schimmernden Kerzen, den feierlichen Gesängen und der wundervollen Krippe am Altar.

Mit Freude, Frieden, Glück und Zufriedenheit im Herzen stapften wir später zurück in Richtung Zuhause. Fest die Hand meiner Mutter haltend lauschte ich dem Bläserorchester, das in der Weihnachtsnacht immer feierliche Weihnachtslieder vom Rathausturm erklingen ließ eingebettet in Glockengeläut.

Glücklich und zufrieden aber todmüde fiel ich anschließend ins Bett, träumte weiter von all den schönen Dingen dieses Heiligen Abends, allen kleinen Freuden und Überraschungen die man sich gegenseitig bereitet hatte.

Gerne denke ich zurück an diese Zeit. Es war eine bescheidene Zeit, auch wenn es diesmal ein bißchen Überfluss für mich gab! Sie war still, besinnlich und feierlich und schon ein kleines Geschenk machte sehr, sehr glücklich.

Ein Jahr später....Weihnachten 1958